[Aktuell]

  Wohnbebauung an der Volksbühne

Berlin, Wohnbebauung an der Volksbühne, mit Torbauten, Ansicht von der Linienstraße/Weydingerstraße, Nordosten; 1934-1935 von Richard Ermisch

 

Nach der Moderne – die nationalsozialistische Architektur
Im nächsten Jahr, 2019, wird unter diesem Titel ein Buch mit meinen Arbeiten zum Bauen aus der Zeit des Nationalsozialismus erscheinen. Es wird allen Interessierten den Charakter der damals in Deutschland realisierten Architektur erläutern, wird die Bauaufgaben an repräsentativen Exemplaren vorstellen und vor allem darlegen, wie exakt die NS-Bauten in Aufwand und Gestaltung der Bedeutung des jeweiligen „politischen oder kulturellen Raums“ (Baldur Benedikt von Schirach) entsprachen.
Das Buch enthält die wichtigsten meiner seit 1994 publizierten Artikel und Studien zum Thema sowie ein Reihe bislang unveröffentlichter Texte, ergänzt um einen Überblicks-Artikel und um eine kritische Revue der bisherigen Forschung. Obgleich es keine einheitliche Gesamtdarstellung ist, soll es den Leserinnen und Lesern sichere Maßstäbe für die politische wie gestalterische Einordnung und Bewertung der „Bauten des Dritten Reichs“ geben, ganz gleich ob sie als Nutzer oder Besitzer im Alltag mit ihnen zu tun haben oder als Verwalter, Denkmalpfleger oder Politiker über ihre Erhaltung entscheiden müssen.
In drei Teile gegliedert, leitet sie das Buch von der Vorstellung einer Vielzahl von kaum beachteten Einzelbauten bis zu Nachweis und Begründung ihrer stilistischen Einheit, und es endet mit der Erklärung der seltsamen Tatsache, dass die nationalsozialistische Architektur in der „Forschung“ bis heute nicht erkannt und dargestellt worden ist. – Wer in Zukunft zu dem Thema schreiben will, muss sich für die Fortsetzung dieser Tradition der Verdrängung und Verleugnung oder dafür entscheiden, mit den Erkenntnissen aus diesem Buch – oder in der Auseinandersetzung mit ihnen – an der weiteren Erhellung des Zusammenhangs von Politik und Architektur im NS-Reich zu arbeiten.

Lückenbauten in der Stendaler Straße

Berlin-Moabit, Lückenbauten in der Stendaler Straße, Blick aus der Havelberger Straße, von Westnordwesten; 1963, um 1970 und später, Architekten unbekannt

 

Mauern und Brücken – Bauen im geteilten Berlin 1945-1990
Seit der Ausstellung „Ostmoderne – Architektur in Berlin 1945 – 1965“, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Werkbund 2004 von Andreas Butter und mir realisiert, hatte es vereinzelte Forderungen gegeben, einen Vergleich der baulichen Entwicklungen in den Teilstädten aus der Zeit des Kalten Krieges, West- und Ostberlin, anzustellen. Ein solcher Vergleich konnte nur auf einer gleich intensiven und nach gleichen Kriterien betriebenen Forschung zu beiden „Städten“ beruhen. Wenn daraus eine Ausstellung mit seriösen, vergleichsfähigen Aussagen zu allen relevanten Fragen werden sollte, mussten diese Kriterien in gemeinsamer und gleichwertiger Arbeit entwickelt und in Recherchen überprüft werden.
Eine solche Zusammenarbeit setzt die Fähigkeit und den Willen voraus, sich in das Forschungsgebiet der „anderen Seite“ zu begeben und dort ebenso wichtige Entdeckungen zu machen wie auf dem eigenen Feld. So habe ich mir einen Überblick über das „Alltagsbauen“ im Westteil Berlins verschafft. Dabei zeigte sich, dass in den fünfziger und frühen sechziger Jahren der Wohnungsbau zur Wiederherstellung oder Verbesserung der alten Stadtquartiere aus der Kaiserzeit eingesetzt worden ist, neben den großen Siedlungen am Stadtrand und fast gleichberechtigt mit ihnen. Die Lückenwohnhäuser in der Stendaler Straße (s. Bild) bilden nur ein Extrembeispiel für diese in ganz Westberlin realisierte Bebauungsweise, die im Ostteil ihre Parallele hat. Die bisherige Forschung zu Westberlin geht von der durchgängigen Ablehnung und Zerstörung der kaiserzeitlichen Stadtstruktur aus; sie nimmt die massenhafte Errichtung von modernen Anpassungsbauten „im Bestand“ nicht zur Kenntnis und bietet in diesem Forschungsfeld keine Arbeitsgrundlage für einen Vergleich.
Erfahrungen wie diese ließen dafür schon gemeinsame Gesichtspunkte erkennen. Deshalb habe ich die Initiative ergriffen und das Konzept einer Ausstellung mit dem Arbeitstitel „Mauern und Brücken“ entworfen. Erste Überlegungen zu der geplanten Schau wurden im November 2017 im Max-Lingner-Haus vorgestellt. Während Roman Hillmann eigene Forschungsergebnisse zur Ostberliner Architektur- und Stadtentwicklung vorstellte, übernahm ich den Part der Darstellung der Westberliner Entwicklung, mit neuen Akzenten.

Die Schau wird Architektur und Stadtplanung Ost- und Westberlins erstmals nach einheitlichen Maßstäben darstellen und in Vergleich setzen. Wie der Name sagt, soll sie Blockaden gegenüber den Kontrahenten im Kalten Krieg ebenso thematisieren wie die vielfältigen Kontakte, die, ob persönlich, inoffiziell oder per Vertrag abgesichert, das Leben im geteilten Berlin erleichterten.
Den Umfang der Darstellung bestimmen einige Sachaspekte:

  • Aufnahme des gesamten Zeitraums zwischen 1945 und 1990 in die Betrachtung, Denken in Entwicklungen und möglichst gleichmäßige Behandlung auch der „Zwischenphasen“ vor und nach den Hauptereignissen, z. B. die Stadterneuerungspolitik nach dem „Grundlagenvertrag“
  • Berücksichtigung aller Stadtbereiche und Ortsteile nach ihrer Relevanz für die Städtebaugeschichte, z. B. Großsiedlung Lankwitz (West) und Hans-Loch-Viertel (Ost); keine Fixierung allein auf die Zentren
  • Analyse nicht nur des Wohnungsbaus, sondern auch der „Gesellschaftsbauten“ (Ost), der Bauten für Bildung, Kultur und Freizeit (z. B. am Berg „Insulaner“).

Die Themen werden nach folgenden Prinzipien ausgewählt und lassen sich entsprechend erweitern:

  • Aufnahme und Ausbreitung nach der politischen wie bauhistorischen Relevanz; so muss der Mauerbau 1961 eine entsprechend gründliche Darstellung nach verschiedenen Aspekten erhalten.
  • Chronologische Abfolge, um das historische Verständnis zu erleichtern, d. h. Themen wie das Bauen für die „Schutzmächte“ (West) werden am ihren Beginn (1946) behandelt und die Fortsetzung angedeutet, längere Entwicklungen wie die des Siedlungsbaus aufgegliedert.
  • Direkter Vergleich von Ost und West immer innerhalb eines Themas, aber auch Einzelthemen, wenn keine direkte Gegenüberstellung möglich ist, z. B. bei den neuen Wohngebieten Ostberlins in den 80er Jahren – in Westberlin ohne Pendant.

Das Konzept ist erweiterungsfähig und kann durch inhaltliche Ergänzungen modifiziert werden. Darin bietet es die Gelegenheit, aktives Interesse an der vertieften Darstellung der Stadtentwicklung der Hauptstadt zu zeigen. Dieser gemeinsamen Aufgabe möchte ich mich mit kritischer Offenheit widmen und lade alle Fachkolleginnen und -Kollegen zur Zusammenarbeit ein.